Seit über 40 Jahren singt der nordfriesische Folksänger und Liedermacher Kalle Johannsen Folksongs und poetische Lieder in deutscher, plattdeutscher und friesischer Sprache. 1983 gründete er mit Manuel Knortz das „Dragseth-Duo“. Für ihr musikalisches Schaffen, das auf etlichen Tonträgern dokumentiert ist, wurden die beiden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem „Bad-Bewensen-Preis“ für die Interpretation niederdeutscher Musik und dem „Momsen-Preis“, dem Kulturpreis des Kreises Nordfriesland.
Rechtzeitig zum 40jährigen „Dienstjubiläum“ legt Kalle nun mit „Ströntistel“ seine erste Solo-CD vor, 14 Songs, 10 in Deutsch und je 2 in Plattdeutsch und Friesisch. Der Titel des Albums, das friesische Wort für die Stranddistel, der vom Aussterben bedrohten Pflanze, die man mit Glück noch in den Dünen der friesischen Inseln finden kann, ist Programm: „Stranddistel, meine Blum' / Stranddistel gilt auch mir!/ Dort auf dem Dünensand,/ hier auf des Lebens Strand / sind stachlig beide wir.“ So lautet die deutsche Nachdichtung des Gedichtes „Min Bloom“ von Jens Mungard (1888 – 1940), dem herausragenden Dichter in nordfriesischer Sprache. Zu finden auf seinem Gedenkstein auf dem Gelände vor dem Konzentrationslager Sachsenhausen, in dem Jens Mungard am 14. Februar 1940 an den Folgen der Haft starb.
In den Songs geht es u. a. um Migration, Ausgrenzung, Vertreibung, aber auch um Menschen, die sich bewusst abseits das „Mainstreams“ bewegen und sich ihre Individualität bewahren. „Mein Name ist Hosanna“ erzählt die Geschichte des Kindes Hosanna, die über das Mittelmeer bis nach Nordfriesland flüchtet. „Heimatlos“ nach einem Gedicht von Max Hermann Neiße beschreibt die Gefühle des Vertriebenen im Exil. In den Liedern „Ströntistel“ und „Der alte Sänger“ geht es um Zivilcourage, bewahren die Protagonisten den aufrechten Gang, leisten Widerstand gegen Unrecht. In dem Talkingblues vom „Holzhackerkönig“ hingegen, der sich voll und ganz der Kaminholzproduktion hingiebt, lässt Kalle Johannsen auch seine humorvolle Seite anklingen. Bei der Produktion der Songs, die zum größten Teil aus eigener Feder stammen, wurde Johannsen (Gitarren, Akkordeon, Mundharmonika) von Christoph Hansen (Gitarre, Saxofone) unterstützt, der auch für Aufnahme und Sound verantwortlich zeichnet. Dritter im Bunde ist der herausragende Multiinstrumentalist Jens Kommnick (Gitarre, Cello, Mandoline, Bouzouki, Bass, Flöte). Außerdem gab Martin Leeb auf seiner Oboe dem Lied „Träume“ der jüdischen Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger, eine besondere Farbe. Und Andreas Johannsen, Kalles Schwiegersohn, spielte Konzertgitarre beim „Alten Sänger“ und gestaltete Cover und umfangreiche Booklet mit allen Texten und Hintergrundinformationen zu den Liedern